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Kinos in Eimsbüttel und Umgebung

Eimsbüttel war eine Kino-Hochburg in Hamburg. Es gab sowohl kleinere Lichtspielbühnen als auch mit dem Emelka-Palast an der Osterstraße ein modernes Großkino mit fast 1.500 Sitzplätzen aus dem Jahr 1928, das der Architekt Karl Schneider entwarf. Im Zweiten Weltkrieg wurden zahlreiche dieser Kinos zerstört und nur zum Teil wiederaufgebaut. Das Fernseh-Zeitalter seit den 1960er Jahren beendete dann diese populäre Eimsbütteler Kinokultur. Mit der Studenten- und der späteren Alternativbewegung entstand eine neue cineastische Kultur, die z. B. mit dem Blimp kurz dauerte oder mit dem Abaton bis heute besteht.

 

Wir präsentieren Ihnen hier zahlreiche Kinoprogramme aus der NS-Zeit der 1930-1940er-Jahre, die zumeist aus der Sammlung Arndt Prenzel stammen. Wir danken ihm dafür. Diese Programmzettel belegen die Vorführung von sowohl vermeintlich „unpolitischen“ als auch explizit propagandistischen NS-Filmen – darunter „Jud Süß“ - im Stadtteil und der Umgebung. Während in den Propagandafilmen das NS-Regime zentrale Aspekte seiner Ideologie wie die „Rassenlehre“ propagierte, sollten viele während des „Dritten Reiches“ produzierten Spielfilme nicht allein indoktrinieren, sondern vor allem die „Volksgemeinschaft“ unterhalten. Trotzdem propagierten auch diese Filme die Überlegenheit der „nordischen Rasse“, in ihnen wurde zum „Durchhalten“ im Krieg aufgerufen oder es wurde in Historienfilmen das nationalsozialistische Geschichtsbild veranschaulicht, indem diese die aktuelle NS-Politik mithilfe historischer Deutungen, die sich nicht selten als Geschichtsklitterungen entpuppen, legitimierten.

 

 


 

BLIMP | Müggenkampstraße 63

 

Das BLIMP  wurde Ende der 1970er gegründet und wurde nach nur wenigen Jahren in Lichtspiele umbenannt. Es existierte bis ca. 1985.

 

Es gibt zum Kino nur wenige Informationen. 1977 gründete Friedrich Ropertz, der aus der außerschulischen Jugendarbeit kam, einen Verein zum Betrieb des Kinos BLIMP. Wann genau es gegründet wurde ist nicht bekannt. Die Betriebsstätte war vorher eine Auto-Werkstatt. Der Name BLIMP geht auf einen technischen Schallschutz an Filmkameras zurück. BLIMP hieß das Kino definitiv bis November 1982. Zwischen Ende 1982 und 1985 muss es dann als Lichtspiele umbenannt worden sein. Ob das mit dem Besitzerwechsel zu Jochen Büttner zusammenhing oder ob es faktisch eine Neugründung des Kinos war ist nicht bekannt. [Quelle: Hans-Ole Kuschmann, 23.2.2021]

 

Zeichnung Blimp/Müggenkampstraße (Niels Auler) (293 KB)
"Italienische Nacht" - Veranstaltung Lichtspiele/Müggenkampstr. (1985) (500 KB)
Ausschnitt Programmheft deutsch-italienisches Kulturfestival 1985 (779 KB)

 


 

Theater Blumenburg | Hoheluftchaussee 97

 

Die Blumenburg wurde 1912 als Ersatz für die nahegelegene Alte Blumenburg (1909 eingeweiht) eingerichtet. Neben Kinofilmen gab es auch Varieté-Vorführungen. Es hatte zwischen 698 und später 320 Plätzen. Das Kino wurde im Juli 1943 von Bomben getroffen, konnte aber 1950 wieder aufgebaut und eröffnet werden. 1965 schloss das Kino und das Gebäude wird seitdem von anderen Gewerbetreibenden genutzt.

 

Programm April/Mai 1940 (763 KB)

 


 

Capitol Lichtspieltheater | Hoheluftchaussee 52

 

Das Capitol eröffnete im Oktober 1926 und zählte mit 1258 Sitzen zu den größten Kinos in Hamburg. Es wurde 1943 durch Brandbomben beschädigt, konnte im Januar 1944 wieder öffnen und durfte im Sommer 1945 mit Erlaubnis der britischen Militärregierung weiter in Betrieb bleiben. Doch in den 1950ern gingen die Besucherzahlen zurück und die Betreiberfamilie Dänecke schloss das Kino 1962. Das Gebäude wurde in den 1980ern abgerissen.

 

Programm August 1940: "Meine Tochter lebt in Wien" (835 KB)
Programm November 1940: "Jud Süß" (971 KB) 
Programm "Der grosse Bluff" (547 KB) (Kinostart in Deutschland im Juli 1947)
Programm "Die Madonna der sieben Monde" (484 KB) (Kinostart in Deutschland im März 1947)
Programm "König der Bettler" (488 KB) (Produktionsjahr 1948)

 


 

Central-Theater | Eimsbütteler Chaussee 63

 

Das Central-Theater wurde 1911 eröffnet. Zunächst 750 Plätze, nach dem Umbau 1931 dann 800. Es wurde im Krieg schwer beschädigt, konnte aber wieder aufgebaut werden. Der Kinobetrieb wurde 1949 wieder aufgenommen. 1954 wurde noch eine Breitwand mit großer Projektionsfläche eingebaut, aber der Betrieb lief immer schlechter und das Kino schloss 1963. Das Gebäude stand jahrelang leer. In den 1980ern wurde die Fassade restauriert.

 

Programm August 1937 (3,22 MB)
Programm September 1937 (3,40 MB)
Programm März/April 1938 (3,16 MB)
Programm August 1939 (2,90 MB)
Programm Februar 1946 (839 KB)
Programm März 1946 (817 KB)
Programm Mai 1946 (935 KB)

 


 

Emelka (Karl Schneider Bau in der Osterstraße)

 

Der Name leitet sich von der Abkürzung MLK ab: Münchener Lichtspielkunst. Es war eine europaweit tätige Firma, die 1920 entstand, um der mächtigen Ufa in Berlin etwas entgegenzusetzen.

 

Süddeutsche Zeitung vom 12. März 2022: "Produktionsfirma "Fett & Wiesel"- Warum München seine Filmpioniere vergaß"
Ausstellung Haidhausen Museum: Fett & Wiesel (2022)

 


 

Film Palast Altona (ehem. Holsten-Theater)| Holstenstraße 137-139

 

Das Holsten-Theater eröffnete 1912. Nach grundlegendem Umbau wurde das Holsten-Theater 1934 als Film-Palast wiedereröffnet. 1943 wurde das Kino durch Bomben zerstört, jedoch lief der Kinobetrieb in einer Schulaula in Hamm-Nord ersatzmäßig weiter. Als die Besitzer 1948 einen Wiederaufbauantrag stellten, wurde der abgelehnt, denn die Stadt brauchte das Grundstück für den Ausbau der Holstenstraße.

 

Programm Juni 1935 (1,13 MB)
Programm Nov/Dez 1936 (1,02 MB)

 


 

Hansen Kino | Schulterblatt 49

 

Das Kino wurde 1906 eröffnet. Es war eines der ersten Kinos in Hamburg und wurde vom Filmverleiher Albert Hansen gegründet. 1928 wurde es modernisiert und auf 756 Plätze erweitert. 1937 wurde es vorübergehend geschlossen und 1948/49 wieder eröffnet. 1962 lief der letzte Film. Heute (Stand 2/2021) befindet sich in dem Gebäude ein Lebensmittelmarkt.

 

Programm Juni 1937 (1 MB)

 


 

Kursaal-Lichtspiele | Schulterblatt 151/155 (heute Eimsbütteler Chaussee 5)

 

Das Kino wurde 1925 eröffnet und hatte 1052 Plätze. Im Zweiten Weltkrieg blieb es weitgehend unzerstört, wurde jedoch 1948 einer Renovierung unterzogen und existierte bis 1961. Danach zog ein Tanzlokal ein, der "Kaiserkeller". Von 1978 bis 1986 beherbergte das Gebäude die Nobeldisko "Trinity". Seit 1993 etablierte sich ein Show- und Gastronomietheater, das seit dem Jahr 2000 als "Delphi Showpalast" betrieben wird.

 

Programm April 1936 (1,10 MB)
Programm Januar 1937 (1,18 MB)
Programm Mai 1937 (1,21 MB)
Programm September 1938 (1,16 MB)
Programm Februar 1939 (1,06 MB)
Programm September 1939 (1,69 MB)
Programm November 1939 (1,10 MB)
Programm März 1949 (758 KB)

 


 

Metro-Palast (ehem. Kaiser-Theater) | Eppendorfer Weg 33

 

Vermutlich begann der Theaterbetrieb 1905. Nach einem Besitzerwechsel wurde es 1934 umbenannt in Metro-Palast. 490 bzw. 550 Plätze. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Kino zerstört.

 

Programm August 1939 (705 KB)
Programm Februar 1940 (720 KB)

 


 

Ufa-Palast | Valentinskamp / Dammtorstraße 

 

Das größte Kino Europas - mit 2665 Plätzen - wurde 1929 eröffnet. 1944 wurde es durch Bomben größtenteils zerstört, ein Wiederaufbau des Hauses nach 1945 fand zwar durch die Engländer statt, aber ohne Kino. Und auch das Deutschlandhaus, in dem das Ufa einst seinen Sitz hatte, ist mittlerweile abgerissen (2020).

 

Programm Juni 1941 (971 KB)
Programm Dezember 1941 (866 KB)
Programm Ende Dezember 1941 (889 KB)
Programm Januar 1942 (825 KB)
Programm Februar 1942 (942 KB)
Programm Januar 1943 (436 KB)
Programm September 1943 (462 KB)

 


 

Urania Theater | Osterstraße 112 / Ecke Heußweg

 

Dieses im Volksmund "Flohkiste" genannte Kino wurde vermutlich um 1910 errichtet, hatte zunächst 348 Plätze, später 225 und brannte 1943 aus. Da die Mauern stehen blieben, ging der Wiederaufbau schnell vonstatten. Der Konkurrenz des Fernsehens konnte das Kino nicht standhalten und es schloss 1964.

 

Programm Mai 1938 (423 KB)

 


 

Diese allgemeinen Infos zu den einzelnen Kinos stammen aus dem Buch:

Mach dir ein paar schöne Stunden: das Hamburger Kinobuch / Michael Töteberg ; Volker Reißmann (2008)

 

Zwei Digitalisate zum Blimp stammen von Hans-Ole Kuschmann, eines von Niels Auler, denen wir dafür sehr danken.

 

Wir bitten Sie, uns weitere Dokumente zur Eimsbütteler Kinogeschichte - ob Fotos, Postkarten oder Programme – zu überlassen.



 

Einen guten Überblick über die Entwicklung des Kinos von Start mit bewegten Bildern hin zu Stummfilm, Sprechfilm, Autorenfilm und zu den großen US-amerikanischen Filmstudios, bis zum digitalen Kino und den heutigen Streamingdiensten bietet der Artikel 125 Jahre Schaulust - eine kurze Reise durch die Geschichte des Kinos von Jörn Hetebrügge, Filmjournalist und kinofenster.de-Redakteur, 23.04.2021